2025-07-23

Sascha Lantzsch – Der leise Blick auf das Wesentliche

Ich beim malen.jpgEs gibt Menschen, die sich in die Welt einfügen – und solche, die sie still hinterfragen. Sascha Lantzsch gehört zu Letzteren. Er ist kein Künstler im klassischen Sinne, sondern ein Mensch, der durch das Leben tastet – mit feinen Antennen, mit offenem Herzen, mit innerer Tiefe. Seine Bilder sprechen nicht über Perfektion, sondern über Empfindung. Sie erzählen von Zwischenräumen, von leisen Momenten, von Wahrnehmungen, die man nur fühlt, wenn man innehält.

Sascha ist 38, gelernter Krankenpfleger – und voller Leben, das zwischen den Zeilen pulsiert. Er hat Musik gemacht, war DJ, hat Radiosendungen moderiert, geschrieben, geträumt. Und dann kam die Pandemie – und mit ihr eine Stille, die ihn neu hören ließ. Keine Bühne mehr. Kein Lärm. Nur das Weiß der Leinwand und das Bedürfnis, all das, was in ihm war, auszudrücken. Mit Farbe. Mit Herz. Mit Hingabe.

Was Sascha malt, sind keine einfachen Abbilder – es sind emotionale Zustände, eingefroren in Zeit und Raum. Es sind Geschichten, die oft dort beginnen, wo Worte scheitern. Er denkt viel über Perspektiven nach: Wie unterschiedlich ein Moment wahrgenommen werden kann, abhängig von inneren Gefühlen, Licht, Geräusch, Erinnerung. Seine Werke sind wie Spiegel – nicht für unser Äußeres, sondern für das, was wir in uns tragen: Zweifel, Sehnsucht, Verletzlichkeit.

In seinen Worten liegt eine fast schüchterne Weisheit. Er nennt sich selbst einen Suchenden. Und vielleicht ist das, was ihn als Künstler so besonders macht: dass er nicht vorgibt, etwas zu wissen – sondern dass er sich traut, zu fühlen. Offen, verletzlich, echt.

„Ich habe oft das Gefühl, dass ich die Welt anders sehe als andere“, sagt er leise. Und ja, das tut er. Aber genau das macht seine Kunst so kostbar. Weil sie uns berührt. Weil sie uns erinnert. Weil sie uns erlaubt, für einen Moment einfach nur Mensch zu sein – ohne Maske, ohne Antwort. Nur mit Gefühl.

Sascha Lantzsch ist ein Künstler, der nicht mit Pinselstrichen glänzt, sondern mit Seele leuchtet. Ein stiller Rebell gegen die Oberflächlichkeit. Einer, der zeigt: Die tiefsten Geschichten entstehen oft dann, wenn man aufhört zu reden – und beginnt, zu spüren.

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Interview Gallery Auxburg Ausstellung „Dark Art“ Bild „Melancholia“

Sascha, was hält dich zusammen, wenn alles um dich herum zerfällt?
Ich denke es ist bei mir oft Neugier, die mich weiter am Laufen hält und die Frage, wie sich
etwas ausserhalb der gewohnten oder erwarteten Wege, Perspektiven und Gefühle
entwickelt, sich anfühlt und darstellt. Ob etwas negativ oder positiv empfunden wird ist oft
eine Frage der Perspektive und ich versuche meist, in allem das positive, die neuen Wege
oder die neuen Erfahrungen in den Herausforderungen zu sehen, auch wenn dies nicht
immer einfach ist. Gleichzeitig gehört es in meinen Augen aber auch dazu, den negativen
Aspekten und Gefühlen Raum zu geben und teil haben zu lassen, weshalb ich versuche,
beide Seiten in meine Bilder einzuarbeiten und ihnen Platz zu geben. Alles ist immer wie es
ist, die Bewertung dessen ist immer ein subjektives Urteil darüber und deshalb relativ,
subjektiv und beeinflussbar. Die negativen Erfahrungen lassen uns aber die positiven im
Kontrast erst wirklich wertschätzen und bewusst wahrnehmen und genauso ist es auch
umgedreht.

Ladybird (gerahmt).jpg

In deinem Bild „Melancholia“ schaut die Figur uns nicht an - wann in deinem Leben
hast du dich selbst abgewendet gefühlt?
Ich glaube als Künstler ist man immer etwas „anders“. Man hat oft einen anderen Blick auf
vieles und dies führt zu dem Wunsch Kunst zu machen, um eine Brücke zu schlagen zwischen
den verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen des Lebens. Kreatives Arbeiten ist oft auch
ein Prozess, den man allein vornimmt, bei dem man den ehrlichen Blick tief ins eigene Innere
mit der äußerlichen Perspektive versucht zusammen zu bringen. Ich verstehe Bilder auch als
Vermittler dieser beider Welten. Diese Differenz aus subjektiver Wahrnehmung und
sachlichem Objekt ist thematisch ein Teil meiner Bildsprache und der Themen mit denen ich
mich in meinen Bildern beschäftige. Ich finde es sehr spannend, wie die Wahrnehmung über
ein und dieselbe Situation oft in Abhängigkeit von Stimmungen, Erfahrungen, Belichtung,
Geräuschen etc beeinflusst und verändert werden kann und benutze dieses gern als
Element, um eine größere Mehrdeutigkeit einzubauen.
Mich interessiert oft auch der Mensch hinter der Fassade, grad im zeitgenößischen Kontext,
in dem durch digitale Selbstdarstellung in social Media oft eher eine Kunstfigur als Person in
der öffentlichen Wahrnehmung steht. Es interessiert mich, wie es dazu kommt und welche
wirklichen Emotionen und Beweggründe hinter großen Posen und Gesten stehen können.
Hierfür wähle ich gern eine nach innen gewendete Position meines Bildinhaltes im Kontext
zu strahlenden Farben und Formen, um symbolisch diesen menschlichen Dualismus zu
befragen und zu erforschen.

Letztendlich war alles nur Rauch im Wind.jpg
Welche Farbe in deinem Bild war am schwersten zu setzen und warum?
Für mich war die Schwierigkeit hierbei gar keine spezifische Farbe sondern eher die Frage
nach den richtigen Kontrasten der Farben zueinander, damit das Bild auf der einen Seite
gedämpft und dunkel wirkt, gleichzeitig aber auch eine leicht angespannte, „dissonant
schrille“ Note bekommt, ohne knallbunt und damit zu fröhlich für das Thema oder zu
aufgekratzt schrill zu werden. Ich habe dies dann versucht mit leicht verschobenen und stark
gebrochenen Komplementärkontrasten zu lösen. Ebenfalls wollte ich möglichst auf schwarze
Pigmente verzichten, damit die hellen Stellen weniger rein und Strahlend in der
Kontrastwirkung erscheinen.

Begierde.jpg

Was passiert in dir, wenn Musik, Worte und Farben plötzlich nicht mehr reichen?
Da ich sowohl schreibe, als auch Male und Musik mache habe ich zum Glück meist etwas, an
dem ich weiter arbeiten kann, wenn ich das Gefühl habe, an einer dieser drei Disziplinen zu
stagnieren. Durch das Vorankommen dort eröffnen sich dann wieder neue Ideen und
Konzepte für die anderen Bereiche. Zum Beispiel habe ich gemerkt, dass sich durch eine
intensivere Auseinandersetzung mit der Farbharmonielehre auch mein Verständnis für
musikalische Komposition und Harmonien verändert hat. So führt dann oft eins zum
anderen und Fragestellungen in der Malerei führen manchmal zu interessanten
Fragestellungen in der musikalischen Komposition und bringen damit wieder neue Wege
und Ausdrucksmöglichkeiten.
Da ich aber auch noch einem „normalen“ Beruf nachgehe, um ein geregeltes Einkommen zu
sichern, kam ich tatsächlich noch nicht in diese Situation dass mir die Medien meines
künstlerischen Ausdrucks nicht mehr reichen, sondern es eher an der Zeit mangelt, mich
allem so zu widmen, wie ich es gern würde.

Nur ein Moment.jpg

Glaubst du, man kann sich selbst heilen - wenn ja, wie sieht das Bild dieser Heilung für
dich aus?
Ich frage mich, ob dies überhaupt nötig ist. Ich denke es ist alles relativ und steht immer in
Abhängigkeit zueinander. Es bleibt die Frage, ob die innere Heilung von negativen
Emotionen und Gedanken nicht auch zur Folge hätte, gegenüber der positiven Seiten des
Lebens eine Abstumpfung und Geringschätzung herbeizuführen.
Als ein nach außen getragener innerer Monolog oder Dialog kann Kunst in jeder ihrer
Erscheinungsformen (ob Musik, Malerei etc.) aber immer eine intensive Auseinandersetzung
mit verschiedenen Bereichen des Lebens herbeiführen und eine bessere Akzeptanz und
somit einen besseren Umgang mit diesen Bewirken. Ich denke dies gilt sowohl durch den Akt
des Schaffens, als auch durch den Akt des Konsumierens authentischer Kunst. Ich denke
man kann somit auf jeden Fall zu einem umfangreicheren und ausgeglichenerem Weltbild
gelangen und eine bessere Akzeptanz der Welt über den eigenen Tellerrand erreichen.

Admin - 13:59:59 @ Allgemein, ARTIST, EXHIBITION | Kommentar hinzufügen

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